Kirche Willstätt

Die Willstätter Kirche wurde 1755 erbaut, ist also über 250 Jahre alt. Eine zwei Jahre zuvor erbaute Kirche erlitt ein schlimmes Schicksal: kurz vor der Fertigstellung zeigten sich Risse und Beulen am Turm – er stand auf dem sandigen Fundament der ehemaligen Kinzig, das nachgab („auf Sand gebaut“!) Mit lautem Krachen stürzte der Turm ein! Zum Teil wurden auch die nebenstehenden Häuser beschädigt – zum Glück jedoch kein Mensch verletzt. Die Familie des Baumeisters musste aus dem Ort fliehen.

Aber man ließ sich nicht entmutigen und baute die Kirche zum zweiten Mal: man versetzte den Turm um 4 Schuh (1,20 m) nach vorne (so wurde auch das Langhaus vergrößert) und sicherte das Fundament mit Eichenpfählen und Fundamentsteinen. Somit liegt die Kirche nun auch sehr nahe an der Hauptstraße – bei Hochzeiten nicht ungefährlich!

Bei der Innenrenovierung der Kirche traten wieder Risse auf und der Turm neigte sich gen Süden: die Eichenpfähle im Untergrund waren nur gesichert, soweit sie im Wasser lagen. Aber durch die Rheinregulierung von Tulla war der Grundwasserspiegel abgesunken und die Balken faulten. Die Pflege Schönau ergriff umgehend Maßnahmen zur Rettung: eine Spezialfirma bohrte Löcher zu den Fundamenten, spülte unter Druck die zerbröselten Balken heraus und füllte die Hohlräume unter hohem Druck mit Spezialbeton. 1979 wurde Entwarnung gegeben – und erst dann durften die Glocken wieder geläutet werden.

Übrigens gab es schon um 1232 einen Pfarrer in Willstätt, 1491 wird der Neubau der Kirche erwähnt. Mehr über die Kirchengeschichte findet man im „Kirchenführer“ zum 250jährigen Jubiläum der Kirche im Jahr 2006. Mehr über die Ausgestaltung der Kirche findet man im Faltblatt, das ebenfalls in der Kirche ausliegt und zur inneren Einkehr dient.

Übrigens wird unsere Kirche ökumenisch genutzt seit 1948! Sie war ein Notbehelf, da die Kehler Kirchen damals noch nicht zur Benutzung freigegeben waren. Später baute die katholische Gemeinde dann lieber einen Kindergarten (Krempenbrunnen). Bis heute feiert die katholische Kirchengemeinde hier Samstagabends katholischen Gottesdienst. Darum gibt es im Inneren auch einen Weihwasserständer, eine Osterkerze und einen Leuchter, an dem man Kerzen anzünden kann. Und wir freuen uns über dieses Zeichen gelebter Ökumene! Auch im Himmel werden wir vermutlich kaum getrennte Abteile haben… Vierzehntägig gibt es samstagabends um 18.00 Uhr einen Katholischen Vorabendgottesdienst!

Unsere Gottesdienste sind sonntags meist um 10.15 Uhr (einmal im Monat 9.00 Uhr). Dienstags ist um 18.30 Uhr eine halbe Stunde „Gebet in der Kirche“. Weitere Angebote finden Sie im Schaukasten vor der Kirche.

Eine Kirchenführung

Über dem Hauptportal ist selbstbewusst das Wappen des Erbauers angebracht: Ludwig, Landgraf von Hessen-Darmstadt. Immerhin gibt es da auch zwei Psalmverse, die sagen, wozu eine Kirche da ist: Psalm 105, 3„Es freue sich das Herz derer, die den Herrn suchen.“ Psalm 69,33 „Die Gott suchen, denen wird das Herz leben“

In der Kirche mischen sich Altes und Neues: Ursprünglich waren alle Fenster bunt, wurden jedoch 1945 zerstört. 1975 wurde die Kirche renoviert und innen neu gestaltet von Jürgen Goertz.

Man könnte die Kirche in drei Abschnitten betrachten:

Linke Seite: SCHULD/LASTEN TRAGEN:

Das Lesepult (Ambo) mit Adam und Eva: Verkrümmt und verbogen stehen sie da, können ihr Gesicht nicht zeigen. Aber bei der Schriftlesung und Predigt hören sie: Dir ist Deine Schuld vergeben! Das gibt die Würde zurück.

Ähnliches geschieht auf dem Kirchenfenster mit dem Verlorenen Sohn, der sich im Arm des Vaters birgt: Kommt her zu mir alle (die ihr mühselig und beladen seid): ich will euch erquicken. Das ist wie eine Antwort für Adam und Eva – und den Sohn, dem alles zerbrochen ist: „Du darfst umkehren, Du darfst heimkommen zum Vater.

Mitte:

OPFER, TOD und LEBEN

Jesus Christus stirbt für die Menschen am Kreuz. Die drei Personen am Kreuz sind tief bewegt. Wozu bewegt mich das Kreuz? Abscheu – Entsetzen – Gleichgültigkeit – Dankbarkeit – Liebe? Das flatternde Lendentuch ist in der Sprache der Kunst Andeutung der Auferstehung.

Der Altar erinnert an einen Opferaltar: Aber das Opfer müssen nicht wir bringen – es ist schon vollbracht von Jesus. Vorne zu sehen ist die „Lebensseite“. Hinten die „Todesseite“ (an Karfreitag wird der Altar gedreht).

Die Orgel mit König David. Er trägt den königlichen Hermelinmantel und feine Schuhe. Aber an seiner Harfe sind die Saiten zerrissen. Sein Lied war zerstört durch Lüge, Ehebruch und Mord. Er suchte Vergebung und fand sie (Psalm 51) Gott gab ihm ein neues Lied: und nun singt er wieder, zusammen mit den beiden musizierenden Engeln an den Seiten. Welches Lied ist gerade in mir, Klage oder Dank?

Rechte Seite:

DIE NEUE SCHÖPFUNG, NEUES LEBEN

Die Osterkerze: Der Sieg Jesu über Sünde und Tod. Licht leuchtet auf in der Dunkelheit der Welt. Der Taufbrunnen: Taufe heißt: ich gehöre dazu. Ich darf jederzeit neu anfangen. Die goldene Weltkugel: so kostbar ist die Welt für Gott. Die Taube als Symbol für den Heiligen Geist, der Menschen führt und „entflammt“. So zünde ich am Leuchter eine Kerze an für einen Menschen, dem ich „Licht“ wünsche.

Das Glasfenster mit dem auferstandenen Jesus, wie er Maria Magdalena begegnet. Sein Versprechen: „Ich lebe und ihr sollt auch leben.“

Und da wären noch…

Die Lampen an den Seiten mit den Schmetterlingen, den Sonnenblumen, den Händen, den Totenköpfen – jede Lampe wieder anders gestaltet.

Warum Schmetterlinge? Durch Licht (!) geschieht Veränderung: eine Raupe wird zum Schmetterling über das Stadium der Puppe, die aussieht wie ein Sarg. Aus dem Kriechen und Fressen wird sie verwandelt zur Schönheit und Leichtigkeit. Ist es nicht ebenso mit dem Leben aus der Auferstehung? Gott hat unbegrenzte Möglichkeiten…

Und überall in der Kirche leuchtet Herrlichkeit auf: der Glanz Gottes. Gottes „Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“ – ist immer mal wieder zu sehen.

Die Kirche ist tagsüber offen. So kann man sie in Ruhe betrachten, zur Ruhe kommen. Man kann auch etwas darin tun:

* Den Finger ins Weihwasser tauchen und sich erinnern: Ich bin getauft. Ich bin geliebt. * Zur Ruhe kommen. Sich einfach hinsetzen. Da sein. * Eine Kerze anzünden am Leuchter vorne rechts, als Gebet für einen Menschen. * Ein Gebet in das Gästebuch schreiben. * Die „Losung“ auf dem Pult lesen. * Sich ein Bibelwort ziehen (Körbchen auf dem Tisch links) * Am Büchertisch schauen; wenn Ihnen etwas gefällt: das Geld können Sie mit dem kleinen Umschlag in den Opferstock an der Tür legen. Oder später einmal bezahlen.

Und wenn Sie dann weiter gehen:

Gottes Segen begleitet Sie. Gott geht mit.